Ausbildung zum/zur Notar/in in Österreich

Notar/innen üben einen anspruchsvollen Beruf aus, der zu den juristischen Kernberufen zählt und entsprechend streng reguliert ist. Sie arbeiten dabei notwendigerweise selbstständig und müssen sich beim Justizministerium um eine Zulassung in einem bestimmten Bezirk bewerben. Derzeit (Stand 2021) sind in Österreich etwas mehr als 500 Notarinnen und Notare tätig.

Was macht ein/e Notar/in?

Notar/innen sind, obwohl sie selbstständig tätig sind, Träger/innen eines öffentlichen Amtes. Ihnen werden vom Staat hoheitliche Aufgaben übertragen, die sie zu erledigen haben. Angesiedelt ist ihre Tätigkeit dabei in der vorsorgenden Rechtspflege: Sie sind also nicht bei Gericht zu finden und nicht an Prozessen beteiligt. Ihre Aufgaben bestehen vielmehr darin, der Bevölkerung bei der Regelung privatrechtlicher Angelegenheiten zu helfen.

Ein zentraler Aspekt der Tätigkeit als Notar/in besteht im Erstellen und Beglaubigen von Urkunden. Beim Erwerb oder Verkauf von Immobilien etwa wird häufig ein Notariat aufgesucht, um den Kauf rechtlich besiegeln zu lassen. Darüber hinaus gehört es zu den Aufgaben der österreichischen Notar/innen, Testamente zu beglaubigen und aufzubewahren sowie zu eröffnen. Häufig wird – besonders im Rahmen von Erbschaftsverfahren – auch Privatgut, das vererbt werden soll, Notar/innen anvertraut, die die Übermittlung an die Erb/innen übernehmen. Darüber hinaus helfen Notar/innen beim Verfassen von privaten Verträgen, beglaubigen Unterschriften und Kopien von Urkunden und führen weitere Tätigkeiten in der vorsorgenden Rechtspflege durch.

Neben dieser Tätigkeit sind alle Notar/innen verpflichtet, als Gerichtskommissär/innen zu wirken. In dieser Rolle sind sie ein gerichtliches Organ, das in sog. Verlassenschaftsverfahren tätig wird. Ihre Aufgabe besteht dabei darin, die Vermögenswerte einer verstorbenen Person zu sichern, die Erbberechtigten zu ermitteln und diesen die Vermögenswerte zukommen zu lassen.

Innerhalb der Rechtsberufe nimmt das Notariat eine Sonderstellung ein, da die Notar/innen, obwohl sie hoheitliche Aufgaben übernehmen und als Gerichtsorgane tätig werden, nicht beamtet sind. Sie üben ihren Beruf vielmehr selbstständig aus und tragen damit alleine das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit. Damit einher geht der Umstand, dass sie keinen festen Lohn erhalten, sondern auf Basis der tatsächlich übernommenen Aufträge Rechnungen stellen müssen.

 

Für wen ist die Ausbildung zum/zur Notar/in geeignet?

Geeignet ist die Ausbildung zum/zur Notar/in für all jene, die ein starkes Interesse an juristischen Fragestellungen mitbringen, im Bereich der juristischen Kernberufe arbeiten möchten, dabei jedoch nicht in Streitsachen vor Gericht tätig werden wollen. Notar/innen müssen sich zur Republik Österreich bekennen, die österreichische, eine andere EU-, EWR- oder die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen und neben juristischem auch verwalterisches Interesse mitbringen. Darüber hinaus sollten all jene, die sich für die Notariatsausbildung interessieren, sich darüber im Klaren sein, dass der Weg zum Notariat lang sein kann, da die Zahl der Notar/innen staatlich reguliert wird und somit nach Bestehen aller Prüfungen auf das Freiwerden eines Notariatssitzes gewartet werden muss, ehe der Beruf ausgeübt werden kann.

Interessieren Sie sich für den Beruf, sollten Sie insgesamt folgende Dinge mitbringen:

  • Matura
  • juristisches Interesse
  • verwalterisches Interesse
  • Ausdauer
  • hohe Lesekompetenz
  • Freude am Lernen
  • Freude an der Beschäftigung mit abstrakten Zusammenhängen
  • österreichische, EU-, EWR- oder Schweizer Staatsangehörigkeit
  • einwandfreien Leumund

 

Lohn/Gehalt

Notar/innen erhalten weder einen festen Lohn noch ein festes Gehalt. Sie rechnen als Selbstständige vielmehr auf Grundlage der erledigten Aufträge mit ihren Kundinnen und Kunden oder – bei bestimmten Aufgaben – mit dem Staat ab. Hierbei haben sie sich, da es sich um eine strikt regulierte Tätigkeit in den juristischen Kernberufen handelt, an das Notariatstarifgesetz zu halten. Im Rahmen dieses Gesetzes besteht jedoch Spielraum bei der individuellen Festlegung der angesetzten Kosten.

Während der Ausbildungszeit erhalten Notariatsanwärter/innen bereits eine Vergütung. Diese liegt laut der Österreichischen Notariatskammer bei mindestens rund 2.400 Euro brutto pro Monat. In der Praxis dürfte die Vergütung diesen Betrag in der Regel merklich übersteigen, handelt es sich bei den Anwärter/innen doch in jedem Falle um Personen, die bereits ein rechtswissenschaftliches Studium abgeschlossen haben.

 

Inhalte, Dauer und Struktur der Ausbildung

Wer Notar/in in Österreich werden möchte, hat einen langen Weg vor sich. Zunächst ist ein rechtswissenschaftliches Studium zu absolvieren. Wer dieses mit dem Diplom oder – im Falle eines Wirtschaftsrechtsstudiums, das den Zugang zu den juristischen Kernberufen garantiert – mit dem Master abgeschlossen hat, muss eine fünfmonatige Gerichtszeit absolvieren. Erst danach kann die Tätigkeit als Notaranwärterin bzw. -anwärter begonnen werden.

Den ersten Abschnitt auf dem Weg zum Notariat stellt damit das Jus- oder Wirtschaftsrechtsstudium dar, das regelmäßig zwischen acht und zehn Semestern dauert. In dieser Zeit befassen die Studierenden sich unter anderem mit den folgenden Themen:

  • Grundlagen der Rechtswissenschaft
  • Rechtsgeschichte
  • Straf- und Strafprozessrecht
  • Bürgerliches Recht
  • Unternehmensrecht
  • Arbeitsrecht
  • Öffentliches Recht
  • Europarecht
  • Völkerrecht

 

Neben den genannten Studieninhalten stehen weitere auf dem Programm. Darüber hinaus werden Wahlpflichtfächer und Spezialisierungen angeboten, die sich von Universität zu Universität und von Programm zu Programm unterscheiden. In jedem Falle erfolgt eine intensive Einarbeitung in die rechtliche Ordnung Österreichs sowie der EU.

Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften steht die fünfmonatige Gerichtszeit an, die auch bei einer Staatsanwaltschaft absolviert werden kann. Ziel dieser Zeit ist es, einen Einblick in die Berufspraxis bei Gericht und/oder Staatsanwaltschaft zu erhalten und die praktische Anwendung des im Studium Gelernten zu erleben.

Ist die Gerichtszeit abgeschlossen, erfolgt die Orientierung hin zum Notariat: Es gilt nun, eine Stelle als Anwärterin bzw. Anwärter zu finden. Hierfür müssen Sie sich bei bestehenden Notariaten bewerben. Das Finden einer solchen Stelle kann durchaus schwierig sein, da es in Österreich nur etwas mehr als 500 Notariate gibt, die überdies nicht ständig auf der Suche nach Anwärterinnen und Anwärtern sind. Haben Sie eine Stelle gefunden, arbeiten Sie bei einem zugelassenen Notar bzw. einer zugelassenen Notarin und übernehmen dort die Ihnen übertragenen Aufgaben. Während dieser Zeit werden Sie bereits bezahlt. Nach frühestens eineinhalb Jahren besteht die Möglichkeit, den ersten Teil der Notariatsprüfung abzulegen. Spätestens abgelegt werden muss diese Prüfung am Ende des fünften Jahres als Kandidatin bzw. Kandidat. Wer die Prüfung besteht, kann frühestens ein Jahr später den zweiten Teil der Prüfung ablegen. Spätestens abgelegt werden muss dieser Teil am Ende des zehnten Jahres der Anwartschaft.

Das Bestehen der Notariatsprüfung genügt jedoch nicht, um zum Notariat zugelassen zu werden. Hierzu müssen nach Bestehen der Prüfung mindestens drei weitere Jahre als Kandidatin bzw. Kandidat verbracht werden. Insgesamt müssen vor der Zulassung als Notarin bzw. Notar sieben Jahre in einem Rechtsberuf verbracht worden sein – wird die Notariatsprüfung nach der Mindestzeit von zweieinhalb Jahren abgelegt und wurde vorher nicht in einem anderen Rechtsberuf gearbeitet, stehen nach der Prüfung also noch viereinhalb Jahre als Kandidatin bzw. Kandidat aus.

Zusammengefasst setzt die Ausbildung zum/zur Notar/in sich also aus folgenden Teilen zusammen:

  • Jus-Studium (mindestens acht Semester)
  • Gerichtszeit (fünf Monate)
  • Notariatsanwartschaft bis zur ersten Teilprüfung (mindestens eineinhalb Jahre)
  • Notariatsanwartschaft bis zur zweiten Teilprüfung (mindestens ein Jahr)
  • weitere Kandidatschaft nach der Prüfung (bis siebe Jahre im Rechtsberuf erreicht sind, mindestens aber drei Jahre)

 

Für den Eintritt ins Notariat und damit für die Aufnahme der selbstständigen notariellen Tätigkeit ist darüber hinaus eine Ernennung durch das Justizministerium nötig. Diese erfolgt nur, wenn eine bestehende Notariatsstelle vakant oder eine neue geschaffen wird. Auch nach Absolvierung aller Teile der Notariatsausbildung kann es also zu einer Wartezeit kommen, die als Notariatsvertretung oder -assistenz verbracht werden kann.

 

Ausbildungsanbieter in Österreich

Die Notariatsanwartschaft kann in jedem der mehr als 500 Notariate in Österreich erfolgen. Das rechtswissenschaftliche Studium, das zuvor zu absolvieren ist, wird an folgenden Universitäten angeboten:

 

Fernstudium zum/zur Notar/in

Die Notariatsanwartschaft lässt sich nicht per Fernstudium absolvieren, da sie in einer Berufstätigkeit in einem österreichischen Notariat bestehen muss. Das rechtswissenschaftliche Studium, das zuvor absolviert werden muss, kann jedoch als Fernstudium absolviert werden. Ein entsprechendes Angebot bietet die Johannes-Kepler-Universität Linz mit dem Multimedia-Diplomstudium der Rechtswissenschaften. Mit diesem Angebot ist es möglich, zeit- und ortsunabhängig ein vollwertiges Jus-Studium zu absolvieren.

Insgesamt ist ein Fernstudium zum/zur Notar/in also zwar nicht möglich; ein bedeutender Teil des Weges zum Notariat kann jedoch sehr wohl zeit- und ortsunabhängig verbracht werden, sodass die Ausbildung auch Personen, die aus beruflichen oder persönlichen Gründen kein Präsenzstudium absolvieren können, offensteht.

 

Daran erkennen Sie, ob der Ausbildungsanbieter zu Ihnen passt

Während hinsichtlich des Orts der Anwartschaft in der Regel – auch ob der Tatsache, dass pro Bezirk nur ein/e Notar/in zugelassen ist – nicht allzu viele Auswahlmöglichkeiten bestehen, haben Sie vor dem Studium eine breite Auswahl an Universitäten. Hier lohnt es sich, die Studienprogramme und Spezialisierungsmöglichkeiten genau zu studieren, da es hier mitunter erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Angeboten gibt. Während ein Wirtschaftsrechtsstudium neben der klassischen juristischen Ausbildung nennenswerte wirtschaftswissenschaftliche Anteile enthält, bieten die Diplomstudien meist Möglichkeiten, durch Wahlpflichtfächer eigene Schwerpunkte zu setzen.

Die Auswahlmöglichkeiten reichen hierbei je nach Universität von Vertiefungen im Europarecht über das Handelsrecht bis hin zu rechtssoziologischen und rechtsphilosophischen Vertiefungen. Hinsichtlich Ihres Berufsziels ist es unerheblich, welchen Schwerpunkt bzw. welche Universität Sie wählen.