Um in Österreich Wanderreitführer/in zu werden, bedarf es einer speziellen Ausbildung. Wanderreiten ist eine besondere Form des Umgangs mit dem Pferd und der Umwelt und gilt als älteste und ursprünglichste Form der Nutzung des Pferds durch den Menschen. Im Fokus stehen neben dem achtsamen Erleben der Natur die langsame und umweltfreundliche Art des Reisens sowie das bessere Kennenlernen von Landschaft und Pferd. Beim Wanderreiten ist man den ganzen Tag mit den Pferden in der Natur unterwegs, übernachtet wird unter freiem Himmel, in Zelten oder auf Bauern- und Pferdehöfen. Während des Wanderreitens führen die Reiter das Gepäck auf dem Pferd in Satteltaschen vor oder hinter sich. Möglich ist aber auch die Mitnahme eines speziellen Packpferds.
Qualifizierte Wanderreitführer/innen sind fachkundige Personen, die eine Reitergruppe im freien Gelände, beispielsweise im Wald, aber auch im Straßenverkehr, unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften führen können. Ihre Aufgabe ist es, Wanderritte – auch solche, die sich über mehrere Tage erstrecken – vorzubereiten, durchzuführen und anzuleiten.
Wanderreitführer/innen sind den Mitgliedern der Reitergruppe beim fachgerechten Umgang mit dem Pferd behilflich und geleiten sie sicher auf den Reitwanderwegen. Häufig bieten sie neben geführten Touren auch Themenritte – größtenteils von Pferdehöfen oder Wanderreitstationen – an. Diese stellen in der Regel auch die Wanderreitpferde und die nötige Ausrüstung zur Verfügung. Wanderreitführer/innen sind ausserdem in der Lage, Wanderreiter/innen auf Wettbewerbe im Wanderreiten vorzubereiten.
Für wen ist diese Ausbildung geeignet?
Um Wanderreitführer/in in Österreich zu werden, sollten die Auszubildenden viel Freude am Pferd, am Reiten in unterschiedlichen Geländearten sowie im Umgang mit Menschen mitbringen. Neben einer positiv entwickelten Sozial- und Kommunikationskompetenz sollten die Teilnehmenden über ausreichende fachliche Kompetenzen verfügen. Ein breites Grundwissen rund ums Pferd und den Reitsport sollten also vorhanden sein.
Für die Zulassung zur Ausbildung zum/zur Wanderführer/in ist außerdem der Besitz des Österreichischen Wanderreiter-Abzeichens oder des Österr. Western-Wanderreiter-Abzeichens nötig.
Für die meisten Lehrgänge zum/zur Wanderreitführer/in ist ausserdem ein eigenes Pferd nötig. Dieses sollte mindestens fünf Jahre alt, verkehrssicher und für ganztägige Geländeritte ausreichend trainiert sein. Das Tier muss zudem im Gelände übernachten können und sozialverträglich sein, also mit anderen Pferden und Menschen zurechtkommen. Weitere Voraussetzungen sind, dass das Tier frei sein von ansteckenden Krankheiten ist, nicht lahmt und keine Konditionsschwächen oder sonstige Mängel aufweist.
Weitere Zulassungsbedingungen betreffen das Alter der interessierten Personen. So müssen Bewerber/innen zum Zeitpunkt des Lehrgangs mindestens 18 Jahrealt sein und einen mindestens 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurs absolviert haben. Häufig wird außerdem ein Nachweis über die Teilnahme an Wanderritten mit Übernachtungen im Freien verlangt.
Schüler/innen an Österreichischen Pferdewirtschaftsfachschulen ist es erlaubt, Kurs und Prüfung schon im Alter von 17 Jahren abzulegen. Das Zeugnis erhalten sie aber erst mit dem vollendeten 18. Lebensjahr.
Was verdiene ich als Wanderreitführer/in?
Das durchschnittliche Brutto-Einstiegsgehalt von Wanderreitführer/innen in Österreich liegt bei 1.500 Euro pro Monat.
So ist die Ausbildung zum Wanderführer aufgebaut
Die Ausbildung zum/zur Wanderreitführer/in ist in Österreich durch den Österreichischen Pferdesportverband (OEPS) geregelt. Dabei handelt es sich um den Dachverband für Pferdesport und Pferdezucht (international „Fédération Équestre Nationale d’Autriche“, abgekürzt FENA) des Landes sowie den anerkannten Fachverband für den Pferdesport in Österreich.
Die Ausbildung zum/zur Wanderführer/in umfasst fünf bis sechs Tage (45 Übungseinheiten à 45 Minuten). In der Disziplin Wanderreiten sind die Anforderungen an die Reiter/innen so breit gestreut, dass die Ausbildungsgänge in der Regel einige praktische Einheiten enthalten. So ist im Rahmen der Lehrgänge meist ein mehrtätiger Wanderritt in fremdem Gelände und wechselnden Quartieren vorzubereiten und zu absolvieren. Dabei müssen die Teilnehmenden mehrere Gruppenführungsaufgaben bestehen.
Der theoretische Teil des Kurses umfasst neben den Grundlagen der Reitpädagogik die Gestaltung von Ausritten sowie die Themen Aufsichtspflicht und Unfallverhütung. Je nach Ausbildungsanbieter sind auch folgende Inhalte Teil des Kurses:
- Anatomie des Pferdes
- Pferdehaltung und Veterinärkunde
- Sattelkunde (Eignung und Passform)
- Wanderreit-Zäumung
- Zusammenstellen der Wanderritt-Ausrüstung (Sattel-Apotheke, Kartentasche, Regenschutz, Notbeschlagswerkzeug usw.)
- Führungstechniken und -übungen
- Sicherheit und Gruppenpsychologie auf dem Geländeritt
- Wanderritt-Technik (Anbinden, Knoten, Verladen, Paddockbau usw.)
- Fütterung unterwegs
- Hufpflege und -schutz (Beurteilung von Hufzustand und Hufstellung, Erkennen von Hufkrankheiten) und Selbsthilfe (Notbeschlag)
- Beschlagsbeurteilung und Handhabe der Beschlagswerkzeuge sowie des Notbeschlagswerkzeugs
- Erste Hilfe am Pferd
- Umgang mit Karte und Kompass während des Wanderritts
- Einführung in GPS-Technik
- Kartenlesen und Tourenplaner-Software
- Vorbereitung auf Einstiegswettbewerbe in der Disziplin Wanderreiten
- Touristische Aspekte des Wanderreitens
Anbieter der Ausbildungen in Österreich
Die Ausbildung zum/zur Wanderreitführer/in wird im Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Ortsverband des Österreichischen Pferdesportverband (OEPS) durchgeführt. Es bietet also nicht nur der OEPS entsprechende Kurse an, sondern auch andere Bildungseinrichtungen.
Da es sich bei der Ausbildung zum/zur Wanderreitführer/in um einen sehr spezialisierten Lehrgang handelt, den nur wenige Österreicher/innen pro Jahr antreten, ist die Anzahl der Ausbildungsanbieter auf einige wenige beschränkt. Die folgenden Akademien beziehungsweise Reiterhöfe bieten aber immer wieder entsprechende Lehrgänge an:
- Wanderreiter Akademie Austria in Pertlstein im Südosten der Steiermark: Die Ausbildung zum/zur Wanderführer/in des Anbieters besteht aus 1. Lehrgang Wander- und Geländereiter, und 2. Lehrgang Wanderreitführer (Voraussetzung absolvierter Lehrgang Wander- und Geländereiter)
- Austrian Western Riding & Breeding Association in Sulz in Niederösterreich: Die Vereinigung bietet neben Westernreitkursen und Unterricht für Einsteiger und Fortgeschrittene auch Wanderreit- und Packpferdekurse an.
- Reiterhof Lechner: Es handelt sich um einen kleinen Familienbetrieb in Trattenbach in Niederösterreich.
- e.motion Lichtblickhof: Der Hof in Wald in Oberösterreich ist ein international anerkanntes Therapiezentrum für Familien, deren Kind von einer unheilbaren Erkrankung betroffen ist. Neben dem Lehrgang Wanderreitführer/in wird zum Beispiel auch eine Ausbildung in Integrativem Reiten angeboten.
Wanderführer werden per Fernstudium und Alternativen
Da es sich bei der Ausbildung zum/zur Wanderreitführer/in durch die Arbeit mit dem Pferd um einen sehr praktisch orientierten Lehrgang handelt, werden in diesem Bereich keine Fernkurse angeboten. Es gibt aber durchaus staatlich zugelassene Fernkurse in verwandten Bereichen, mit denen man sich von zu Hause aus weiterbilden und zum/zur Expert/in für den Umgang mit Pferden ausbilden lassen kann.
Sowohl österreichische als beispielsweise auch deutsche Fernakademien und -hochschulen haben solche Kurse im Angebot. Meist verfügen diese aufgrund der Praxisnähe der Inhalte aber über einen gewissen Präsenzanteil.
- Bildungsinstitut von Wald: Der Kurs „Reitpädagogik“ des Vereins Lolino vermittelt Wissen in den Bereichen Reitpädagogik, heilpädagogisches Reiten und tiergestützte Intervention.
- IST-Hochschule: Die Ausbildung „Manager im Pferdesport“ bietet praxisnahes Know-how aus der Pferdebranche und eine Kombination aus pferdesportspezifischen und kaufmännischen Inhalten.
- Fitmedi Cavallo: Das staatliche anerkannte Fernstudium „Horsemanship – Bodenarbeit mit dem Pferd“ eignet sich für Personen, die das Kommunikationskonzept Horsemanship kennenlernen wollen und zum Beispiel eine Ausbildung für pferdegestütztes Coaching anstreben.
- Deutsches eLearning Studieninstitut: Der Fernkurs „Reiten C-Lizenz“ dauert 12 Wochen und bietet den Teilnehmenden die Chance, alle theoretischen Hintergründe für die Arbeit mit Pferden und im Leistungssport zu erlernen.
So erkennst du, dass der Ausbildungsanbieter zu dir passt
Ob der gewünschte Ausbildungsanbieter wirklich zu deinen Bedürfnissen passt, erkennst du zum einen an den Ausbildungsinhalten. Treffen diese wirklich deine Erwartungen und Interessen? Setzt die Ausbildung genau dort an, wo dein bisher erworbenes Wissen endet, kannst du also neues Wissen erwerben? Hast du angesichts des Programms den Eindruck, dass du nach Absolvieren des Lehrgangs in der Lage sein wirst, Wanderritte zu planen und anzuleiten? Solltest du dir nicht sicher sein, ob der Kurs inhaltlich das richtige für dich ist, kann es hilfreich sein, sich vom Anbieter individuell beraten zu lassen.
Zum anderen solltest du deine Entscheidung von der zeitlichen Struktur des Kurses abhängig machen. Diese sollte zu deinen sonstigen Verpflichtungen passen, damit du die Inhalte konzentriert aufnehmen kannst, ohne in allzu grossen Stress zu geraten.
In der Regel beträgt die Dauer des Lehrgangs zum/zur Wanderreitführer/in fünf bis sechs Tage, die in 45 Übungseinheiten à 45 Minuten durchgeführt werden. Den Bildungsanbietern steht es aber frei, die Übungseinheiten alternativ in Module einzuteilen, die in mehreren Blöcken – zum Beispiel verteilt auf mehrere Wochenenden – stattfinden. Wichtig ist nur, dass sich das Gesamtausmaß des Lehrgangs dadurch nicht verändert. Wähle daher einen Kurs aus, der deinen zeitlichen Vorstellungen entspricht und an dem du mit einem entsprechend ausgebildeten Pferd vor Ort sein kannst.